richardsongaragedoor.online
Wenn die schlanke Diane Keaton, selbst 71, hoch aufgerichtet auf dem Fahrrad in die Pedale tritt, wird klar: Wahrnehmungsverschiebungen in Bezug auf Alter sind längst im Gange. Glaubhaft kann Keaton auch als silberhaarige Emily Attraktivität verkörpern. Sie setzt damit die Linie ihrer Filme "Was das Herz begehrt", "Das grenzt an Liebe" und "Ruth & Alex - Verliebt in New York" fort. Aber mit dem wichtigen Unterschied, dass diesmal das bisherige Leben trotz Familiengründung keine rechte Freude gebracht hat. So ist die starke Botschaft von "Hampstead Park- Aussicht auf Liebe", dass nicht zuletzt dank höherer Lebenserwartung auch nach Trauer, Verlust und Enttäuschung eine zweite oder dritte Chance winken kann. An der Oberfläche droht die Seniorenromanze allerdings zum netten Nichts zu tendieren. Schuld daran sind ein schematisches und plattes Skript, Klischees aus der Rumpelkammer und eine grobschlächtige Inszenierung. Womöglich zeigen die Hauptdarsteller deshalb kaum mehr als ihr bekanntes Gesicht.
Einmal schlicht und seicht bitte: Die pittoreske Seniorenromanze mit grünem Fußabdruck und mechanisch agierenden Stars taugt immerhin als Mutmacher fürs Liebesglück im Alter. Niemand kann den Machern von "Hampstead Park – Aussicht auf Liebe" vorwerfen, sie hätten es an frühen Warnungen fehlen lassen. Wenn im Vorspann die Namen der Kreativen über dem satten Grün der titelgebenden Londoner Idylle aufscheinen, ist bald schon ein frecher Papierdrache zur Stelle, der die Wortgebilde durcheinanderbringt und wegrieseln lässt: Das Programm heißt Zerstreuung. Dafür aber wartet der Film mit einer gehörigen Portion Trost und Zuspruch für alle diejenigen auf, deren Lebensbilanz nach den ersten 60 Jahren wider Erwarten alles andere als rosig aussieht: Einen Neuanfang zu versuchen, kann sich durchaus lohnen. Trotzdem hätte mehr Engagement von Diane Keaton und Brendan Gleason in den Hauptrollen gutgetan, und vielleicht hätte auch ein begabterer Regisseur und Drehbuchautor verpflichtet werden dürfen.
Ähnlich hilflos gibt sich auch Donald angesichts der Räumungsaufforderungen, die er erhält. Obwohl sie davon erzählt, wie Donald mit Unterstützung Emilys vor Gericht um sein Wohnrecht kämpft, ist diese Geschichte eine Wohlfühlkomödie. Emily hat etwas Verzagtes, ist sich ihrer Widersprüche nicht wirklich bewusst. Aber Diane Keaton versteht es wunderbar, dieser Figur Niveau zu verleihen. Emily verfügt nämlich über Humor und eine eloquente Leichtigkeit, die mit wenigen Worten auskommt und sehr souverän wirkt. Auch bei ihr ist ein Stück jener Widerspenstigkeit vorhanden, die Donald im Übermaß besitzt. Brendan Gleeson verleiht diesem Charakter die Aura eines cholerischen Brummbären, der sich nach Liebe sehnt, dem aber seine misanthropisch rechthaberische Art oft ein Bein stellt. Das ungleiche Paar rauft sich verbal zwar mühsam, dabei aber sehr vergnüglich zusammen. Außer den gut gespielten Figuren bleiben von diesem Film zwei Dinge in Erinnerung. Zum einen sind es die friedlich-anheimelnden Aufnahmen des Parks, der selbstgeschaffenen Aussteiger-Idylle Donalds und des Friedhofs.